AP 1
Bereits die 2021 bis 2022 durchgeführten Onlinebefragungen in den Polizeien der Länder und des Bundes kombinieren zwei zentrale Blickrichtungen auf den Polizeialltag: Der Alltag der Polizeiarbeit in Deutschland sollte zunächst aus der Sicht aller Mitarbeiten beschrieben werden. Schon die erste Querschnitterhebung ermöglichte so einen Überblick bzw. einen ersten Gesamteindruck. In dieser Allgemeinheit und Belastbarkeit waren die meisten ermittelten Informationen zuvor nicht verfügbar. Zugleich ermöglichte der große Stichprobenansatz zusätzlich eine Ausdifferenzierung verschiedenster Arbeitsbereiche, blieb also nicht beim Gesamtüberblick stehen und konnte verschiedene Arbeits- und Lebenssituationen der Befragten abbilden. Die im November 2023 gestartete zweite Erhebung fügte diesen ersten Eindrücken den Blick auf Veränderungen hinzu. Dynamiken in der Struktur der Polizei und in den Antworten der Mitarbeitenden werden vergleichbar, da die ursprünglich gewählten Forschungsinstrumente erneut eingesetzt wurden. Im Trend zweier Querschnitte kann bereits vorsichtig abgeschätzt werden, wo Veränderungen und wo Stabilität zu beobachten sind. Auch hierzu gab es in diesem Umfang zuvor keine vergleichbaren Datenmaterialien. Durch den Aufbau des Befragten-Panels kommt für einen Teil der Stichproben die Möglichkeit individueller Zeitvergleiche hinzu, die die beste standardisierte Datenbasis für das Verständnis von Veränderungsprozessen in den im Projekt untersuchten Themenbereichen bilden.
In diesem Arbeitspaket werden die Analysen aus MEGAVO I auf Basis weiterer Daten und fortgeschrittener Auswertungen vertieft. Einen Schwerpunkt bilden zunächst Trendauswertungen der ersten beiden Erhebungen. Parallel dazu wird zu Beginn der zweiten Förderphase der Aufbau des Zwei-Wellen-Panels auf Basis der selbsterstellten Zuordnungscodes fortgesetzt. Entsprechende Analysen werden sich anschließen. Das Paneldesign folgt einer prospektiven Herangehensweise: Veränderungen werden durch mehrfache, zeitversetzte Beobachtung der jeweils aktuellen Situation beschrieben und nicht aus der Erinnerung der Befragten rekonstruiert. Die geplante dritte Erhebung im Jahr 2026 erlaubt eine isolierte Betrachtung der neu erhobenen Daten im Querschnitt, erweitert das bisherige Trenddesign um einen weiteren Zeitpunkt und verlängert zugleich die Panelperspektive um weitere (Dienst)Jahre der Befragten. Neben den vollständigen Drei-Wellen-Panels auf Bundesebene sowie auf Ebene der einzelnen Polizeien können außer dem Zwei-Wellen-Panel der ersten beiden Erhebungen auch Zwei-Wellen-Panels konstruiert werden, die nur vom ersten und dritten bzw. nur vom zweiten und dritten Erhebungszeitpunkt Gebrauch machen, dafür aber auf etwas größere Fallzahlen zurückgreifen können.
Die Vorbereitungen für die dritte Erhebung werden im Frühjahr 2026 starten. Dieser Zeitplan folgt der ursprünglichen Zeitplanung des Projektes, die Erhebungen im 1., 3., 6., 9. und 12. Jahr vorsah. Die Befragung erfolgt also mit größerem zeitlichem Abstand von ca. zwei Jahren und vermeidet Gewöhnungseffekte und eine zu starke Belastung des Forschungsfeldes. Es schließen sich die bereits erwähnten Arbeitsschritte der Datenaufbereitung und Panelkonstruktion an.
AP 2
Die qualitative Studie ergänzt die quantitative Studie, indem wichtige Punkte vertiefend kontextualisiert werden. Hierfür sind eine Diskursanalyse, Expert:inneninterviews und Hospitationen geplant. Inhaltlich stehen vier Themenbereiche im Mittelpunkt: Rekrutierung und Organisations- und Personalentwicklung, Einstellungen im Wandel, Hilfsangebote und der Arbeitsalltag.
Die Erkenntnisse bezüglich des Arbeitsalltags, speziell die Erkenntnisse über die Arbeitszufriedenheit und was im Polizeidienst motiviert und belastet, werden als Grundlage für die weiteren Vorhaben genutzt.
In Bezug auf das Thema Rekrutierung und Organisations- und Personalentwicklung sollen Konzepte erarbeitet werden, wie mit der Krise „Nachwuchs- und Fachkräftemangel“ umzugehen ist. Hierzu wird zunächst eine Diskursanalyse durchgeführt, in der gezeigt werden soll, wie die Organisations- und Personalentwicklung- und Rekrutierung in Forschungsarbeiten des (polizei-)wissenschaftlichen Diskurses konzeptualisiert wird. Sodann werden Veranstaltungen, bei denen Personal geworben wird, beispielsweise Karrieretage oder Jobmessen besucht. Die Ergebnisse werden in Expert:inneninterviews diskutiert.
In Bezug auf das Thema Einstellungen im Wandel sollen die in der letzten Förderphase identifizierten Gründe für problematische Veränderungen von Einstellungen vertiefend kontextualisiert werden. Zudem soll ein Überblick über das Aus- und Fortbildungsangebot, mit besonderem Augenmerk auf Formaten für Einstellungsbildung bzw. Interkulturalität gegeben, so wie Best-Practice-Formate identifiziert werden. Es sollen zudem Hospitationen bei entsprechenden Schulungsformaten stattfinden.
In Bezug auf das Thema Hilfsangebote sollen die Ergebnisse der letzten Förderphase hinsichtlich bestehender Belastungsfaktoren im Arbeitsalltag kontextualisierend vertieft, ein Überblick über bestehende Hilfsangebote gegeben, so wie Best-Practice-Beispiele identifiziert werden.
AP 3
Dritter Arbeitsschwerpunkt ist der verstärkte Transfer der bisherigen und kommenden Projektergebnisse. Es ist geplant, den Polizeien des Bundes und der Länder Zugang zu den erhobenen Daten zu gewähren und sie bei eigenen Auswertungen zu unterstützen. Hierbei müssen Datenschutzaspekte berücksichtigt werden. Ebenso ist geplant, die Ergebnisse aller Erhebungen der ersten und zweiten Förderphase den Polizeien näher zu bringen als es im Zwischen- und Abschlussbericht der ersten Förderphase erfolgt ist. Dies umfasst insbesondere auch die Befunde der teilnehmenden Beobachtung und der Expert:inneninterviews aus der ersten Förderphase, sowie die anstehende Diskuskursanalyse und die weiteren Expert:inneninterviews.
Der Transfer von Projektergebnissen soll jedoch nicht bei den technischen und methodischen Aspekten stehenbleiben. In der ersten Hälfte des beantragten Förderzeitraums sollen quantitative Detailanalysen angefertigt werden, für die in den bisherigen Zwischenberichten kein ausreichender Platz zur Verfügung stand und die gemeinsam mit den korrespondierenden Befunden der qualitativen Erhebungen hervorgehoben werden können. Hierbei können auch aktuell aufkommende Fragestellungen anhand der MEGAVO-Daten analysiert werden. Geplante Themen sind beispielsweise Auswertungen für bestimmte Lebens- bzw. Karriereabschnitte. So sind u.a. Sonderauswertungen für die Berufseingangsphase (Übergang Ausbildung/Studium und Berufseinstieg) angedacht und Veränderungen durch Aufgaben- und Rollenwechsel denkbar (z.B. erste Führungspositionen). Ebenso ist eine vergleichende Sonderauswertung für Beschäftigte außerhalb des Polizeivollzugsdienst denkbar. Analysen zu Zusammenhängen von alltäglichen bzw. traumatischen Belastungen sowie Diskriminierungserfahrungen einerseits und Motivation und Arbeitszufriedenheit andererseits vertiefen die Schwerpunkte der bereits laufenden Projektzeit. Resilienzfaktoren spielen hierbei eine wichtige Rolle. Näher auszuleuchten ist des Weiteren das Zusammenspiel von individuellen Einstellungen und der Wahrnehmung vorherrschender Werte im engeren Kreis der Kolleginnen und Kollegen (Teamkultur). Ebenfalls wird – ausgehend von der Beobachtung nur sehr selten vorzufindender konsistent menschen- und demokratiefeindlicher Einstellungsmuster – der Graubereich der ambivalenten und verunsicherten Positionen auf präventionsrelevante Dimensionen und/oder Zielgruppen untersucht. Mit Blick auf berichtetes Fehlverhalten sollen die Bedeutung der Teamkultur und die unterschiedlichen Reaktionsformen stärker als in MEGAVO I in den Blick genommen werden.
Die Ergebnisse dieser Arbeitsphase bilden gemeinsam mit den Befunden aus dem AP 2 die thematische Grundlage einer zweiten Transferperspektive: Gemeinsam mit Expert:innen aus den Polizeien sollen die Befunde vorgestellt, diskutiert und Transferpotentiale ausgelotet werden. Zunächst steht hierbei eine Diskursanalyse im Vordergrund. Auf Basis der Befunde der Online-Befragung, der Eindrücke von der Teilnahme an Rekrutierungsveranstaltungen sowie der Expert:inneninterviews sollen derzeitige Rekrutierungsprobleme und -strategien bewertet werden.
Die Vernetzung von Trainer:innen und Akteur:innen des Hilfsangebots sind ein weiteres Transferziel. Die Überblicke über das Hilfs- und das Aus- und Fortbildungsangebot, insbesondere der Formate für politische Bildung bzw. Interkulturalität werden dargelegt und gemeinsam diskutiert.
Der Transfer der Forschungsergebnisse in die Aus- und Fortbildung bildet einen letzten Schwerpunkt des Arbeitspakets. In Zusammenarbeit mit Lehrenden der Polizeihochschulen soll zunächst geklärt werden, welche Möglichkeiten für die Einbindung von Studienergebnissen in die Aus- und Fortbildung gesehen werden. Entsprechende Bedarfe für Materialien sollen ermittelt und bedient werden. Ergebnisse werden vorgestellt und Anpassungen diskutiert.